Tage Alter Musik – Programmheft 2023

TAGE ALTER MuSIK REGEnSBuRG Konzert 4 zum Programm: Das späte 17. Jahrhundert ist keineswegs arm an Sonaten für Streichinstrumente und Basso continuo, und doch sind die „Rosenkranzsonaten“ von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) einzigartig geblieben. Das liegt nicht allein an ihrer virtuosen Machart, sondern vor allem an der beispiellosen Verbindung von technischemAnspruch, experimenteller Klangraffinesse und außermusikalischem Konzept. Sie stellen heute das mit Abstand bekannteste und meistbewunderte Werk seines Komponisten dar, obwohl es nicht im Druck erschien – auch gar nicht dafür vorgesehen war – und seinerzeit vermutlich nur einem kleinen, ausgewählten Hörerkreis bekannt war. Die Sonaten sind in einer einzigen Handschrift überliefert, die heute in der Münchner Staatsbibliothek aufbewahrt wird. Ein Titelblatt fehlt und hat womöglich auch nie existiert, so dass nur spekuliert werden kann, wie die Sammlung seinerzeit bezeichnet wurde. Immerhin ist das Vorwort in lateinischer Sprache erhalten, in dem sich der Komponist an den Widmungsträger der Sonaten wandte, den Erzbischof von Salzburg Max Gandolph von Kuenburg (1622– 1687). Dort erklärt Biber die Anzahl von 15 Sonaten (wobei er die abschließende Passacaglia für unbegleitete Violine nicht mitzählt), die ihrerseits aus „verschiedenen Sonaten, Präludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Arien, Ciaconnen, Variationen etc.“ bestehen, als Anspielung auf die 15 Geheimnisse („Sacra Mysteria“) des Rosenkranzes. Eine besondere nähe zwischen Widmungsträger und außermusikalischem Sujet stellt Biber mit einer Analogie zwischen dem Zölibat des Erzbischofs und der Jungfräulichkeit Marias her, außerdem mit dem gleichlautenden Anfangsbuchstaben beider Vornamen. Die Einzelsätze, aus denen die Sonaten bestehen, verweisen mit ihren Bezeichnungen nur in einzelnen Fällen auf die übergeordnete Idee (wie etwa der zweite Satz der elften Sonate, dessen Beginn mit der Zeile „Surexit [sic] Christus hodie“ kommentiert wird und auf ein konkretes Osterlied verweist). Dafür deuten kreisrunde, unbezeichnete Kupferstich-Embleme, die jeder Sonate vorangestellt sind, auf die einzelnen Stationen des Rosenkranzes hin. Der Passacaglia wiederum, die außerhalb des Rosenkranz-Programmes steht, geht die Federzeichnung eines Schutzengels voran, der ein Kind an der Hand führt. Meret Lüthi Les Passions de l’Âme & Meret Lüthi bei den TAM 2018 im Reichssaal Foto: Hanno Meier Meret Lüthi gibt Autogramme nach dem Konzert bei den TAM 2018 Foto: Hanno Meier Meret Lüthi nach dem Konzert bei den TAM 2018 Foto: Hanno Meier 25

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