Tage Alter Musik – Programmheft 2023

TAGE ALTER MuSIK REGEnSBuRG Mai 2023 gen über mehrere Oktaven oder Hoquetus-Technik, wovon Bach in seinen Clavierkompositionen, beispielsweise in den Goldberg-Variationen, reichlichen Gebrauch macht. Johann Gottlieb Goldberg ist vor allem durch dieses Meisterwerk der Variationskunst bekannt. Goldberg wurde vom Grafen Keyserlingk, dem russischen Gesandten amDresdener Hof, entdeckt, gefördert und nach Dresden zu Wilhelm Friedemann Bach gebracht sowie später zu Johann Sebastian Bach nach Leipzig geschickt, dessen Schüler er wurde. Keyserlingk war ein großer Kunstsammler und Mäzen und gut befreundet mit der Familie Bach. Er bestellte den berühmten Variations-Zyklus bei Bach, um, Forkels Aussage nach, „dadurch in seinen schlaflosen nächten ein wenig aufgeheitert“ zu werden. Goldberg sollte sie nachts in einem Vorzimmer des Grafen vortragen. Der jung verstorbene Goldberg hinterließ Kompositionen für Tasteninstrumente (zwei Konzerte und 30 Polonaisen für Cembalo) sowie einige Triosonaten. Diese Werke zeugen vom großen Genie Goldbergs und seiner Meisterschaft in der Beherrschung des Bachschen Stils. Diese Beherrschung entfaltet sich bei Goldberg besonders in seinen Kammermusikwerken: Insgesamt sind von ihm 4 TrioSonaten (C-Dur, g-Moll, B-Dur und a-Moll) und eine Sonata a quattro in c-Moll überliefert. Verschollen ist eine Trio-Sonate für Flöte, Violine und Basso continuo in e-Moll. Auch der Einfluss des galanten Stils ist in diesen Stücken deutlich zu spüren. Goldbergs Kompositionen vereinigen also in einzigartiger Weise den alten Stil (von J.S. Bach) mit dem seinerzeit neueren „galanten“ Geschmack (von W.F. Bach). Schon in den Jahren 1761/64 kursierte die C-Dur Sonate (DürG 13) unter dem namen beider Komponisten: Johann Sebastian Bach und Johann Gottlieb Goldberg. Im 19. Jahrhundert kannte man die Sonate überwiegend unter dem namen Bachs – es gibt laut Alfred Dürr und Ernst Dadder drei Manuskripte der Sonate aus dem 19. Jahrhundert unter dem namen Bach. Der berühmte Verleger W. Rust veröffentlichte das Werk 1860 als Sonate von Johann Sebastian Bach. 1950 wurde das Werk sogar als BWV 1037 bezeichnet. Allerdings weist der Bach-Forscher Philipp Spitta bereits im Jahre 1871 auf den namen Goldberg auf der Handschrift hin, meint jedoch, Goldberg wäre der Kopist des Werks. Ernst Dadder, der erste Biograf Goldbergs, kennt schon drei Manuskripte der Sonate, die den namen Goldberg tragen. Die Handschriftuntersuchung zeigt die Qualität und das Alter der „Goldberg“ Handschriften. Im Stil gibt es auch bestimmte Merkmale, die mit anderen Goldberg-Sonaten übereinstimmen, wie pikante Rhythmik, Synkopen und bizarre harmonische Wendungen. nichtsdestotrotz offenbart die Sonata viele Ähnlichkeiten mit dem Stil Bachs: das Fugenthema aus dem 2. Satz ist fast das der Schlussarie „Wer Sünde tut, der ist vom Teufel“ aus der Kantate BWV 54; „Canon all’unisono“ zwischen den Geigen im 3. Satz erinnert an den 3. Satz, Andante, aus der Sonata BWV 1015; und der Anfang des Finales ähnelt dem 3. Satz von Bachs 6. Brandenburgischen Konzert. Das Finale, Giga, scheint überhaupt die fröhlichste, munterste Musik von Goldberg zu sein (ähnlich wie die Sinfonia aus der Kantate BWV 180). 100

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