Tage Alter Musik – Programmheft 2023

TAGE ALTER MuSIK REGEnSBuRG Mai 2023 Sätze an, die überwiegend aus Tänzen bestand, deren Zusammenstellung aber nicht weiter reglementiert war. Ebenfalls seit Anfang der 1680er Jahre hatten vor allem Komponisten im deutschsprachigen Raum damit begonnen, originale Kompositionen zu veröffentlichen, die nicht auf Bühnenwerken beruhten, aber ähnliche Satzfolgen aufboten und sich dabei auf das Vorbild Lullys beriefen. Diese – nach moderner Bezeichnung – „Ouvertürensuiten“ wurden zu einer vor allem im deutschsprachigen Raum beliebten Form der Ensemble- und Orchesterkomposition. Anders als bei der Suite für Tasteninstrumente, wo sich ein bestimmtes Grundgerüst der Tanzauswahl etabliert hatte, gab es bei der Ouvertürensuite die Möglichkeit, Auswahl undAnzahl der Einzelsätze flexibel vorzunehmen. Pioniere dieser Instrumentalgattung waren neben Johann Sigismund Kusser (1660–1727) Georg Muffat (1653–1704) und Johann Caspar Ferdinand Fischer (1662–1746). Allen dreien ist gemein, dass sich ihr Bezug zu Lullys Orchestermusik auch in der fünfstimmigen Streicherfaktur äußert, die sich an französischen Gepflogenheiten orientierte. Auf diese ging auch die neigung zurück, Einzelsätzen oder kompletten Suiten charakterisierende Titel zu geben. Fischer, der seinerzeit als Hofkapellmeister in den Diensten Herzog Julius Franz’ von Sachsen-Lauenburg stand, ließ 1695 in Augsburg sein Journal de Printemps drucken, deren Suiten in ihrer Satzanzahl zwischen drei und sieben Tänzen schwankten. Hier gibt es immerhin vereinzelte Beispiele für assoziative Satztitel (die C-Dur-Suite etwa enthält eine „Air des Combattans“, die a-Moll-Suite – nicht im Konzert zu hören – enthält einen langsamen, als „Plainte“ bezeichneten Satz). Deutlich offensiver ging Georg Muffat in seinem Florilegium primum vor, das im gleichen Jahr und am gleichen Ort veröffentlicht wurde wie Fischers Journal. Hier tragen die Suiten namen wie „Dankbarkeit“ (Suite nr. 3 „Gratitudo“), „Schmeicheleien“ (nr. 6 „Blanditiae“) oder – etwas kryptischer – „Eusebia“ (die Suite nr. 1, die das Konzertprogram eröffnet) und überlassen es dem Publikum, einen musikalischenWiderhall in den derart bezeichneten Tanzfolgen herauszuhören. Einer der profiliertesten und originellsten Komponisten von Ouvertürensuiten überhaupt und gleichzeitig der Hauptrepräsentant ihrer Spätblüte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist Georg Philipp telemann (1681–1767) gewesen. Weit über 100 dieser Kompositionen sind von ihm überliefert, Johann Mattheson sprach in seiner Großen General-Baß-Schule (Hamburg 1731) sogar von 200 entsprechenden Werken. Komponiert wurden sie für die HofkaCD: {oh!} Orkiestra – Concerto grosso 108

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