Tage Alter Musik – Programmheft 2023

TAGE ALTER MuSIK REGEnSBuRG Mai 2023 – für mich ist er der Shakespeare der Musik. Dementsprechend war es meine Absicht, in das nächste Album all das einfließen zu lassen: die Musik von Purcell, das Repertoire und das Know-how unserer szenischen Produktionen und natürlich neues Alehouse-Material. Statt es lediglich Alehouse Vol. 2 zu nennen, wollte ich das ganze ausweiten und das narrativ der pub-sessions aufbauen – raus aus der Bar, hinein in das Hinterzimmer der Pubs, wo wir unsere Behelfsbühne betreten und unsere Show zeigen können. In Ihrem Konzept gibt es einen deutlichen Folk-einfluss. Glauben Sie, dass es in der Alten Musik mehr Folkelemente gibt, als die üblichen Aufführungen zugeben wollen? Ich habe immer eine enge Verbindung gesehen zwischen dem, was wir heute als Folkmusik betrachten, und der Musik in der Barockzeit. Zunächst sind Begriffe wie Barock, Renaissance usw. mit Zeitperioden verbunden, wenn bestimmte Entwicklungen in der Kunst oder Architektur tonangebend waren, und diese Verallgemeinerungen helfen uns heute, diese Perioden zu klassifizieren. Aber es handelt sich dabei immer nur um eine zeitliche Einordnung, und die Musik damals war so vielfältig wie heute und wurde oft für besondere Anlässe komponiert (Hochzeiten, kirchliche Zeremonien, Beerdigungen usw.). Deshalb findet sich Musik, die etwa für Messen, Vespern oder Krönungen komponiert wurde, auch nicht in meinem Alehouse- oder Playhouse-Programm – obwohl man in der Kirchenmusik viele Stücke finden kann, in denen Tanzrhythmen oder bekannte Volkslieder verwendet werden. Ich dagegen möchte nach Musik suchen, die in Theatern, beim Tanzen oder auf den Gassen gespielt wurde, Melodien, die in beliebten Folkmusik-Sammlungen zu finden sind, oder Lieder, die eine besondere Geschichte erzählen bzw. damit in Verbindung stehen. Wie ich vorher schon sagte, habe ich ein besonderes Interesse an Henry Purcell und bin der Meinung, dass viele von seinen Volksliedern oder vor allem gesalzenen Liedern oft zu manierlich gespielt werden. Ich denke, dass eine eher volkstümliche Annäherung an EInIGE seiner Stücke dabei helfen kann zu entdecken, wie abwechslungsreich und brillant er sich zwischen Musikstilen und Einflüssen bewegt hat – kein anderer sonst schaffte diesen Spagat zwischen opulenter Kirchenmusik über brillante Theatermusik bis hin zu bemerkenswert derben Liedern. Außerdemmöchte ich betonen, dass Barokksolistene und ich darauf achten, wie wir in unseren Shows auftreten und wie wir unsere Musik präsentieren.Wir kombinieren eigene Arrangements und eigene Kompositionen mit viel Improvisation und Humor. Wir profitieren davon, wenn wir Theaterelemente einbauen, und laden unser Publikum immer dazu ein, sich mit einzubringen. So wird unsere Musik vielleicht wirklich zu unserer eigenen Musik. Deshalb wirkt diese Musik eventuell auch auf viele Leute, die Alte Musik gewohnt sind, zu „folky“, während den Folkmusikern unsere Musik eher klassisch erscheint. Ich ziehe es vor zu sagen, dass es nur zwei Arten von Musik gibt: gute und schlechte. Lassen Sie mich den großen Louis Armstrong zitieren: „Jede Musik ist Musik der Leute – Teufel nochmal, ich habe noch nie ein Pferd singen gehört!“ Sie werfen zwar selbst die Frage auf, unterlassen es aber absichtlich, sie zu beantworten: „Was für ein Genre ist das?“ offensichtlich passt ein etikett allein nicht. Aber wenn Sie sagen müssten, welche Genres in diesen Mix einfließen, was würden Sie dann als die bedeutendsten nennen? Barokksolistene bei den tagen der Alten Musik 2014 im Leeren Beutel Fotos: Hanno Meier 82

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